„Die Scheunenviertel müssen mit Leben gefüllt werden, sonst stehen nur Hüllen da", sagte Landesbergens Samtgemeindebürgermeister Walter Busse. Dem Estorfer Scheunenviertel, das seit 1984 restauriert wird, sei dies gelungen. Heute sei es Veranstaltungsort und touristischer Anziehungspunkt.
Das Liebenauer Scheunenviertel wird ebenfalls für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Die Scheunen in Wellie (Gemeinde Steyerberg) müssen hingegen erst noch hergerichtet werden, wenn sie öffentlich genutzt werden sollen. Dank der Zusammenarbeit sei das Scheunenviertel in Schüsselburg schon attraktiver und interessanter geworden. „Schlüsselburg schlummerte bisher vor sich hin", sagte Rainer Landefeld von der Gemeindeverwaltung Petershagen. „Wir wollen es jetzt touristisch nach vorne bringen."
Die vier Scheunenviertel sind Teil des Zusammenschlusses von elf Scheunen- und Schafstallvierteln in der Aller-Weser-Hunte-Region. Die Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften Sulingen fördert finanziell im Auftrag des Landes Niedersachsen das Modellvorhaben „Sonderquartiere in historischen Siedlungen Niedersachsen" am Beispiel der regionalen Scheunenviertel der Aller-Weser-Hunte-Region.
Die Scheunenviertel der Region besitzen ein großes Entwicklungspotenzial, stellen die Gutachter des Büros „mensch und region" aus Hannover fest. Das sporne vor Ort an, neue Initiativen zu ergreifen, meint Rolf Bodermann, Leiter eines niedersächsischen Modellvorhabens und Vertreter des Scheunenviertels Estorf.
Die beauftragte Expertengruppe „mensch und region", ein Team aus Planern, Wissenschaftlern der Leibnitz-Universität sowie Werbefachleuten aus Hannover hat sich im Herbst 2008 die elf niedersächsischen Schaf- und Scheunenviertel genau angesehen und mit den Aktiven diskutiert.
In Liebenau faszinierten der Erhalt der Gebäude sowie die gute Organisation und Öffentlichkeitsarbeit der Kulturarbeit. Estorf bestach durch die städtebauliche Situation und die vielfältige kulturelle und touristische Nutzung des vorhandenen Potenzials in den Gebäuden. In Schlüsselburg beeindruckten besonders der große, gut erhaltene Gebäudebestand und das hohe Engagement der Eigentümer.
Beispielhaft sind für die niedersächsischen Scheunenviertel die Verbindung von Tourismus und kulturellen Veranstaltungen in Estorf, in Liebenau die Kooperation mit anderen sozio-kulturellen Zentren sowie in Schlüsselburg die entstehende Organisationsstruktur der Eigentümer mit der Gemeinde und dem Landkreis.
„Wir sind in Wellie vom Ausbau des Scheunenviertels noch meilenweit entfernt", sagte Frank Siedenberg von der Gemeindeverwaltung Steyerberg. „Vordringliches Ziel ist, die Scheunen zu erhalten." Keine leichte Aufgabe: Die Gemeinde müsse mit den Eigentümern klären, wie Fördergelder dazu beitragen können, neue Impulse zu geben, sagte Siedenberg. Wellies Ortsbürgermeister Uwe Müller: „Ein Drittel der Wellier Scheunen ist sanierungsbedürftig. Das Problem ist, alle Scheunen sind in Privatbesitz. Wir müssen die Eigentümer davon überzeugen, etwas zu tun. In Kürze soll in Wellie ein Verein gegründet werden, der anpackt. Estorf brauchte 25 Jahre, wenn in Wellie wenigstens eine Scheune in den nächsten zwei Jahren der Öffentlichkeit zur Verfügung steht, ist das schon gut."
Im Liebenauer Scheunenviertel müssten drei Scheunen saniert werden, sagte Dieter Korte, Fachbereichsleiter Bau, der Liebenauer Samtgemeindeverwaltung. Er lobte die Zusammenarbeit der Scheunenviertel. „Wir profitieren voneinander. Die Motivation der ehrenamtlichen Helfer ist dadurch stark gestiegen." Ausdrücklich lobte Korte Rolf Bodermann. Ihm sei es zu verdanken, „dass wir so weit gekommen sind."
Landesbergens Verwaltungschef Walter Busse verwies auf den „sehr engagierten" Heimatverein mit seinem Motor Rudi Niemann, der das Scheunenviertel restauriert habe. Als neunte Scheune sei im vergangenen Jahr für 35 000 Euro die Tabakscheune aufgebaut worden.
„Die Bevölkerung sah das Scheunenviertel erst kritisch", sagte Rolf Bodermann. „Heute identifiziert sie sich damit." 2008 übernachteten in der Brösking-Scheune schon 500 Radfahrer. 40 Personen gehören zum Kerntrupp, der sich ums Scheunenviertel kümmert. „Das geht nur mit bürgerschaftlichem Engagement. Wir sind sehr stolz darauf."
Das Scheunenviertel in Liebenau wird für kulturelle Veranstaltungen schon viel genutzt.
Vertreter der Scheunenviertel vor der Tabakscheune in Estorf (von links) : Rolf Bodermann, Estorf, Rainer Landefeld, Petershagen, Dieter Korte, Liebenau, Jens Baumgartl, Schlüsselburg, Frank Siedenberg, Steyerberg, Uwe Müller, Wellie, und Walter Busse, Landesbergen. Foto: Hildebrandt