Die OBS Mittelweser nahm am 3. September 2015 mit zwei fünften Klassen und 44 Kindern den Betrieb im Gebäude der ehemaligen Hauptschule Landesbergen auf. Die Gründung der OBS war eine Reaktion auf die vom Kreistag beschlossenen Schulschließungen in Stolzenau und Landesbergen. So wurde die Hauptschule Landesbergen wegen sinkender Schülerzahlen vor zwei Jahren geschlossen. In der Realschule Stolzenau werden die letzten zehnten Klassen beschult. Der Schulbetrieb endet dort am 31. Juli 2020. Für beide Schulen hatte der Landkreis Nienburg als Schulträger keinen Ersatz vorgesehen.
In der Samtgemeinde Mittelweser hätte es dann nur noch Grundschulen gegeben. Damit wollte sich Verwaltung und Politik nicht abfinden. Sie gründete somit die Oberschule Mittelweser in eigener Trägerschaft. Skeptiker befürchteten, dass es nicht genügend Schüler geben wird. Die OBS Mittelweser hat zwei Standorte: Landesbergen und Stolzenau. In Landesbergen werden die 5. und 6. Klassen unterrichtet, im Gebäude der Realschule in Stolzenau, der Schloss-Schule, die Jahrgänge sieben bis neun und künftig bis zehn. Worauf sind die positiven Entwicklungen zurückzuführen?
„Eine Schule braucht Visionen. Durch Visionen wird die Schule lebendig und zukunftsfähig. Allerdings müssen sie auch umsetzbar sein. Das haben wir mit unserer neuen Ausrichtung geschafft“, erklärt Könecke. „Ich bin stolz auf mein Kollegium. Es stellt sich der Aufgabe des Schulaufbaus mit viel Engagement und Professionalität. Uns fehlt oft die Zeit, die neuen Konzepte in Worte zu fassen, aber sie werden gelebt. Es macht Freude zu sehen, wie sich alles ineinanderfügt.“
Ein vorhandenes Schulgebäude sei noch lange keine neue Schule, weiß Könecke. „Es braucht Kinder, die gern dorthin gehen, und Lehrkräfte, die sich mit ihrer Schule identifizieren. Die Oberschulen waren alle noch neu. Die Erfahrungen einer kombinierten Schulform fehlten vor Ort. Die Schloss-Schule Stolzenau (Realschule) und die Hauptschule Landesbergen hatten über die Weser hinweg kaum Berührungspunkte. Dazu kam das Entsetzen darüber, dass beide Schulen nach politischem Willen des Landkreises geschlossen werden sollten. Schwierige Bedingungen für einen Neustart“, erinnert Könecke.
Die positive Wende sei nach ihren Angaben mit dem neuen pädagogischen Konzept gekommen. Die Unterstützung der Samtgemeindeverwaltung Mittelweser und des Samtgemeinderates hätten es möglich gemacht, innovative Wege zu gehen. Könecke: „Der Blick wurde stärker auf das gerichtet, worauf es ankommt: Auf die Bedürfnisse der Kinder und die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte. Die Zufriedenheit ist bei allen Beteiligten spürbar. Die Eltern wählen unsere Schule nun bewusst an. Die Schülerzahlen steigen in allen Jahrgängen. Das Leistungsvermögen unserer Schülerschaft ist mittlerweile günstig gemischt.“
Das pädagogische Konzept sei standortunabhängig, aber trotzdem bleibt es in der Samtgemeinde Mittelweser verankert. „Als Schule haben wir uns damit von den anstehenden politischen Entscheidungen freigemacht.“ Das Konzept hat zwei Standbeine: Die Luzis (Lehrerunterrichtszimmer) und den Jahrgangstag. Beide münden nach Klasse 8 in der Schwerpunktbildung. „Bei uns gibt es keine Klassenräume mehr. Der Unterricht findet in den Räumen der Lehrkräfte statt, den sogenannten Luzis. Dort können die Lehrkräfte eine auf das Fach angepasste Lernumgebung gestalten.“
Förder- und Fordermaterialien liegen bereit. Die Qualität des Unterrichts gewinne durch diese Organisationsform enorm. „Die Lehrkräfte kommen nicht mehr vollgepackt und abgehetzt in die Klassen. Jetzt empfangen sie ihre Lerngruppen in einem Raum, in dem sie sich selbst wohlfühlen.“ An der Oberschule bedeute Schwerpunktbildung, darauf vorbereitet zu werden, eine gezielte Berufswahlentscheidung zu treffen. Es werden die Profile Technik, Gesundheit und Soziales, Sprachen und Wirtschaft angeboten. „Mit der Firma Heineking aus Landesbergen haben wir einen großartigen Kooperationspartner an unserer Seite. Gemeinsam werden wir in ein Modellprojekt zur Nachwuchsförderung starten“, berichtet Könecke. Gesucht werden noch weitere Ausbildungsbetriebe, die insbesondere Praktikumsplätze zur Verfügung stellen könnten.
Die Nähe zu den weiterführenden Schulen in Stolzenau bietet eine Vielzahl von Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Ein erster Schritt dahin ist gemacht. Ein gemeinsamer Schulwald soll auf Initiative des Gymnasiums entstehen. Die Samtgemeinde prüft gerade, welches Grundstück dafür in Frage kommt. Schüler der Helen-Keller-Schule nehmen bereits am OBS-Angebot „Selbstverteidigung“ teil. Die Schloss-Schule ist in ihrem letzten Jahr: „Nach innen ist kaum zu spüren, dass es sich um eine auslaufende Schule handelt.“
Die OBS blickt sehr optimistisch in die Zukunft. „Die Unterrichtsversorgung in ländlichen Gebieten, die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte und die Umsetzung der Inklusion sowie der durchgängigen Sprachbildung sind auch für uns Herausforderungen. Viele Lehrkräfte sind abgeordnet. Das macht die Organisation des Schulalltags schwer, aber wir profitieren auch sehr voneinander. Teamarbeit sowie eine gesunde Portion Optimismus sind in diesen Zeiten unerlässlich und ausgesprochen fruchtbar.“
Q.: Die Harke (23.9.2019)